Elsass-Tour am 20.9.2016

Hier ein paar persönliche Gedanken und Eindrücke zu unserer septemberlichen Kurvenräuber-Runde im südlichen Elsass am Dienstag, dem 20.9.2016

Lange schon geplant und nun endlich wahr geworden: mal wieder mit dem Motorrad ins Elsass zum ultimativen Kurvenräubern. Der zuerst für den Juli geplante Termin fiel leider dem Regen zum Opfer, sodass wir uns entschlossen, eine ähnliche Runde im September nachzuholen.
Am 20.9.2016 war es dann soweit. Und was soll man sagen? Nach vielen Fahrten durch die Alpen in den vergangenen Jahren hat es sich echt mal wieder richtig gelohnt, vor der "eigenen Haustür" zu räubern.


Morgens um sieben – leider nur zu viert – bei Heimsheim auf die Autobahn und dann bei Offenburg raus, über den Rhein und rein in die Vogesen, die uns mit morgendlichem Nebel begrüßten.

In Ribeauville fuhren wir westlich über den Col du Haut de Ribeauville bis Sainte-Marie-aux-Mines, wo wir unseren ersten Tankstopp einlegen wollten. Nachdem wir mit Hilfe des Navis und einem kleinen Umweg endlich eine Tankstelle gefunden hatten, nahmen wir Kurs über den Col des Bagenelles auf den Col du Bonhomme, an dem uns das Navi zu einer unfreiwilligen, aber schönen Extrarunde über den Col du Pré de Raves zwang. Weiter gings auf der Route des Crêtes über den Col du Louschbach, Collet du La Vart und den Col de la Schlucht bis Le Hohneck, wo wir uns auf ca. 1200 m bei rund 10 °C eine Mittagspause auf der Terasse der Auberge gönnten.

Frisch gestärkt verließen wir ein paar Kilometer südlich die Route des Crêtes um der Route des Américains zu folgen, die nach mehreren Cols bei Wildenstein wieder auf die Route des Crêtes trifft. Vorbei am Lac de Kruth-Wildenstein gings bis Fellering, wo wir uns westlich Richtung Col de Bussang hielten. Anschließend fuhren wir nach Saint Maurice-sur-Moselle und dann weiter zum Col du Ballon, wo wir östlich Richtung Kirchberg abbogen. DIe dann folgende Abfahrt vom Col du Ballon ist traumhaft.

Nach dem wir unseren Schwindel vom Kurvenfahren wieder im Griff hatten, sind wir weiter über Masevaux und Bourbach le-Haut auf die Route Joffre, über den Col de Hundsrucken nach Cernay, wo wir bei Uffholtz wieder in die Route des Crêtes einbogen. Über den Col de Herrenfluh, Col de Silberloch, Col Amic, Col du Haag, Col du Moorfeld fuhren wir auf großartigen Sträßchen weiter auf den Grand Ballon, auf dem wir in abendlicher Stimmung eine grandiose Aussicht über die Rheinebene genießen durften.

Wieder aufgesattelt führte uns der Weg über Le Markstein auf den Col de Platzerwasel und Munster schließlich ins Gebiet Hohrodberg. Der Tag ging zur Neige und unsere Spritreserven auch. Unser Tankziel Ribeauville fast vor Augen, zwang uns eine Straßensperre, eine alternative Route zu finden. Leider waren alle verfügbaren Navis damit überfordert, so dass wir ganz "Old-School" nach dem Weg fragen mussten. Die vorangegangene Irrfahrt rund um Labaroche hatte uns den letzten Tropfen Benzin gekostet, was zur Folge hatte, dass wir unsere Rückfahrt umplanen mussten und Richtung Colmar fuhren. Gerade noch rechtzeitig konnten wir eine Tankstelle ansteuern und nach einem kurzen Schwätzchen mit einer Gruppe englischer Motorradfahrer ging es auf die ungeplante, längere Rückfahrt auf der Autobahn. Im Dunkeln befuhren wir die französische Seite der Rheinebene bis kurz vor Straßbourg, querten den Rhein und nahmen bei Offenburg die deutsche Autobahn nach Hause.

Nachts um zehn waren wir dann zurück – mit über 700 km mehr auf der Uhr, davon ca. 450 km Kurven und xzwanzig Cols und Ballone in den Knochen (btw.: früher hat man solche Gewaltritte wesentlicher einfacher weggesteckt).

Und was bleibt?

Verkehr ...
... ist im Elsass unter der Woche nicht vorhanden. Teilweise kommt man sich vor, wie im nördlichen Norwegen. Selbst die Ballone und Cols, die am Wochenende mit Touristen und Einheimischen übersät sind, sind wochtentags fast menschenleer. Keine Autos, keine Radfahrer, keine Menschen – einfach nur Straße. Und falls doch mal ein Franzose seine Blechdose vor euch herbewegt, macht dieser meist zügig Platz und lässt euch vorbei. Respekt an unsere Nachbarn!
Fazit: Unbedingt wochentags fahren!

Tanken ...
... sollte im Elsass frühzeitig geplant werden. Tankstellen liegen meist innerhalb der Ortschaften (Supermärkte), nicht an der eigentlichen Strecke. Getankt wird überwiegend mit Karte, wobei die Tankautomaten sehr wählerisch sind. Visa, Mastercard, EC ... einfach alles mal ausprobieren und hoffen, dass eine davon klappt. Visa klappt (entgegen
der Aussage vieler Stellen) nicht immer, dafür ging bei uns EC (was hätte nie passieren dürfen). Eine Motorradfahrer-Gruppe vor uns hat so ziemlich alles in den Automaten gesteckt, was annähernd das korrekte Format hatte und ist dann unter Absingen hässlicher Lieder ohne Sprit wieder abgezogen. Und auch noch wichtig: der Automat spricht
französisch.
Fazit: Tanken im Elsass ist immer für eine Überraschung gut!

Straßen ...
... sind im Elsass so wechselhaft, wie die Äußerungen unserer Politiker. Der Straßenzustand ist meist gut und der Asphalt sehr griffig, bis ... gerade eben noch. Auf unfallträchtigen Strecken greift der Franzose auch gerne mal zu Pflasterstein-Belag in Kurven und Spitzkehren, sozusagen die französische Form der Verkehrsberuhigung und eine Alternative zu Streckensperrungen, die bei uns ja gerne mal genommen werden.
Die im Sommer bei hohen Temperaturen so gefährliche Bitumen-Schmiere ist im temperaturgemäßigten September kein Thema mehr. Dafür ist unser westlicher Nachbar ein großer Freund von Rollsplit, was wir gestern auch wieder erleben durften.
Fazit: Augen auf und den Straßenbelag aufmerksam beobachten, der sich schlagartig und ohne großartige Beschilderung ändern kann! (Einer aus unserer Truppe musste nach der Tour mit Sicherheit seiner Frau die Beschaffenheit seiner Unterwäsche erklären)

Strecken ...
... im Elsass sind einfach nur geil zum Fahren. Die Franzosen haben da ein richtiges Händchen für – schmal, ursprünglich und oft abenteuerlich. Vor allem im südlichen Teil kann man alles fahren, was die Karte hergibt, oft sogar noch mehr. Theorie: Je höher die Anzahl der Ziffern in der Straßenbezeichnung, desto abenteuerlicher ist die Strecke. Im Vergleich zum Elsass hats im Schwarzwald überwiegend Autobahnen. Zu empfehlen ist natürlich die komplette Route des Crêtes sowie die Straßen rund um den Ballon d'Alsace, den Grand Ballon und den Hohrodberg.
Fazit: Elsass – Schwarzwald 1 : 0

Deutsch ...
... ist im Elsass wohl Vergangenheit. Ohne ein paar Brocken Französisch wird es z.B. beim Tanken und beim Lesen der Speisekarten oft knifflig. Auch die Warnhinweise an den Straßen, wenn vorhanden, sollte man tunlichst lesen können.
Fazit: Wörterbuch und/oder Übersetzungs-App schadet nicht

Geschwindigkeitsbegrenzung ...
... auf Autobahnen war für uns bisher immer ein rotes Tuch. Seit gestern denken wir da aber etwas differenzierter darüber nach. Auf der Heimreise haben wir zuerst die französische Autobahn bei Nacht benutzt. Bei max. 130 km/h entspanntes Dahingleiten aller Fahrzeuge ohne besondere Risiken und Vorkommnisse. Dann sind wir auf die deutsche Autobahn gewechselt und haben uns spontan im Kriegsgebiet wiedergefunden. Was da auf der A5 abgeht, grenzt an versuchte Körperverletzung wenn nicht sogar schlimmeres. Elefantenrennen veranstaltende LKWs und lebensverneinende Raser auf deutschen Autobahnen bei Nacht sind der unschöne Teil unseres Trips. Schämt euch, so zu fahren!
Fazit: Wenn Autobahn für An- und Abreise notwendig, dann nehmt die französische Seite, auch wenns Geld kosten sollte. Die deutsche Seite kostet vielleicht euer Leben!

Und sonst?
Es war ein super Tag auf super Strecken mit super Mitfahrern in einem Motorradfahrern freundlich gesinnten
Land. Und an alle, die nicht mitfahren konnten: Jungs, ihr habt echt was verpasst!


Elsass ... jederzeit wieder!